14 – Dr. Brunner-Haus

Dr. Brunner-Haus, Ärztehaus, Hochstrasse Dr. Adolf Brunner, Kindertagesstätte
Das Dr. Brunner-Haus zu Zeiten von Dr. Adolf Brunner, um 1920. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

Das ehemalige 1839 erstellte Bauernhaus ist bekannt als Dr. Brunner-Haus. Es gehörte seit 1964 der reformierten Kirchgemeinde. Seit 1992 ist die politische Gemeinde Eigentümerin. Die Ärztefamilie Brunner (zwei Generationen) umsorgte über 70 Jahre lang die Gesundheit der Pfäffiker Bevölkerung und erarbeitete sich ein hohes Ansehen in der Gemeinde. Nicht nur im medizinischen, sondern auch in ethisch-kulturellen Belangen setzte die Familie bleibende Zeichen. Die Verbundenheit mit der Bevölkerung und die Integration im Dorf verschafften der Familie grossen Respekt. Sie stellte ihre Schaffenskraft auch in den Dienst des Asyls (Kreisspital Pfäffikon). Aus diesen Gründen spricht man bis heute vom Dr. Brunner-Haus.

1839Erbaut als Bauernhaus durch Gemeinderat Jakob Näf
1861Verkauf an Dr. Jakob Strehler, Bezirksgerichtspräsident
1890 – 1925Arztpraxis von Dr. Adolf Brunner-Schnorf, Landarzt und Förderer des Krankenasyls
1925 – 1960Das Ärztepaar Max und Gertrud Brunner-Nadolny führt gemeinsam eine weitverzweigte Landarztpraxis, auch sind sie Donatoren der Glasfenster im Chor der reformierten Kirche
1928 – 1937Leitendes Ärztepaar am Krankenasyl Pfäffikon
1961Verkauf des Hauses an die evang-ref. Kirchgemeinde
1966 – 1976Als Pfarrwohnung, später als Asylbewerber-Unterkunft genutzt
1972 – 1994Erste Gemeindebibliothek im Dorf
1992Erwerb der Liegenschaft durch die politische Gemeinde
1997Einzug der Kinderkrippe «Zum Alten Turm»
2015Kindertagesstätte der Genossenschaft Lindenbaum, «Chinderhuus Lindenbaum»
Dr. Brunner-Haus Hochstrasse Drohnenaufnahme 2014
Das Dr. Brunner-Haus steht am östlichen Rand der Kernzone an der Hauptstrasse Richtung Wetzikon. Quelle: Gemeinde Pfäffikon

Das Gebäude steht am östlichen Rand der Kernzone des Dorfes zwischen der Einmündung der Rappengasse und dem Palmenkreisel, an der Strassenkreuzung Hochstrasse-Rappengasse- Bahnhofstrasse. Die Hochstrasse ist die Hauptdurchgangsstrasse von Pfäffikon nach Wetzikon. Den Namen Dr. Brunner-Haus erhielt es durch die lange Wirkungszeit der Ärztefamilien Brunner, welche sich in ihrer Landarztpraxis um die Gesundheit der Pfäffiker Bevölkerung kümmerten. Zu Brunners Zeiten verlief die Rappengasse noch geradeaus spitzwinklig in die Hochstrasse. Die Einmündung lag etwas dorfeinwärts vom heutigen Palmenkreisel. Erst 1961 verlegte die Gemeinde den Anschluss der Rappengasse an die Hochstrasse auf die Nordwestseite des Dr. Brunner-Hauses, womit eine rechtwinklige und übersichtliche Einfahrt gewährleistet und die Zufahrt zum Bahnhof für die AG R. & E. Huber wesentlich erleichtert wurde. Dadurch konnte das frei gewordene Land im Brunnerareal zu einem herrlichen Park umgestaltetet werden. Dieser reicht von der Hochstrasse bis zum heute noch bestehenden Areal der Firma Huber+Suhner AG. Im Haus befindet sich aktuell eine Kinderkrippe. Mit dem zugehörigen Park steht den Kindern auch zusätzlich ein ideales Umfeld für ihre Entwicklung zur Verfügung.

Dr. Brunner-Haus Rappengasse Flugaufnahme 1934 Walter Mittelholzer
In der Bildmitte das Dr. Brunner-Haus, noch mit der alten Strassenführung der Rappengasse, Flugaufnahme von 1934. Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv

Das Haus wurde 1839 von Gemeinderat Jacob Näf als Bauernhaus mit Wohn- und Scheunenteil erbaut. 1862 wurde es von Dr. Jakob Strehler, Bezirksgerichtspräsident, gekauft. 1891 kaufte Vater Dr. Adolf Brunner das Haus und begründete damit das Doktorhaus. Sein Sohn Max, Dr. med., verheiratete sich 1925 mit Gertrud Nadolny, ebenfalls Ärztin. Die junge Ärztefamilie investierte in den Umbau des Hauses zu einem richtigen Ärztehaus mit gepflegten Wohn- und Praxisräumen und einem kleinen Labor, so dass das ehemalige Bauernhaus einen eher vornehmen Charakter erhielt. In die einstige grosse Scheune wurden geeignete Räume eingebaut und aus der ehemaligen Pferdestallung wurde eine Garage. 1937 wurde die Hochstrasse saniert. Es wurde ein Trottoir gebaut. Dazu musste ein Teil des schönen Vorgartens mit Eingangspartie geopfert werden. Seither existiert der heutige Treppeneingang. Frau Dr. Gertrud Brunner-Nadolny verstarb 1951, ihr Mann 1960. Am 12. April 1962 wurde das Haus für Fr. 52’500.- an die reformierte Kirchgemeinde Pfäffikon verkauft. Diese nutzte es zuerst als Pfarrwohnung und vermietete es von 1972 bis 1994 an die Gemeinde, worin sich die erste Gemeindebibliothek etablierte. Die erfolgreiche Führung der Bibliothek und die Gestaltung von Literaturabenden durch Regula Würgler-Zweifel machte aus der Liegenschaft ein kleines Kulturzentrum im Dorf. 1992 erwarb die politische Gemeinde die Liegenschaft und sanierte sie 1996 von Grund auf. Danach vermietete sie es an den Verein «Chinderhuus zum Alten Turm», weil die Liegenschaft «Zum Alten Turm» an der Frohwiesstrasse, in welcher die Krippe erstmals eingemietet war, wegen der Verlängerung der Bahnhofstrasse als neue Turmstrasse ins neue Frohwiesquartier weichen musste. Mit der Neudisposition der Einmündung der Rappengasse 1961 in die Hochstrasse ist zwischen dem Haus und der Huber+Suhner AG ein herrlicher Park entstanden, welcher sich ideal eignet für einen Kinderspielplatz. Seit 2015 wird die Kinderkrippe (Kindertagesstätte KITA) von der Genossenschaft Lindenbaum Pfäffikon geführt und trägt nun den Namen «Chinderhuus Lindenbaum».

Dr. Brunner-Haus Eigangspartie Max und Gertrud Brunner-Nadolny 1935
Die ursprüngliche Eingangspartie zur Arztpaxis von Max und Gertrud Brunner-Nadolny, 1935. Quelle: Staatsarchiv des Kantons Zürich
Dr. Brunner-Haus 80er-Jahre Gemeindebibliothek
Dr. Brunner-Haus in den 1980er-Jahren als es als Gemeindebibliothek genutzt wurde. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Dr. Brunner-Haus Herbst 2023
Dr. Brunner-Haus im Herbst 2023. Quelle: Thomas Dätwyler

Die hoch angesehene Ärztefamilie Brunner hat sich mit ganzer Kraft für die Pfäffiker Bevölkerung eingesetzt. Der Vater, Dr. med. Adolf Brunner (1862 – 1926), betreute als Arzt von 1890 bis 1925 im Haus an der Hochstrasse die Patienten. Wer nicht in die Praxis kommen konnte, wurde zuhause von ihm verarztet. Er war auch am Sonntag für seine Patienten da. Maxime war bei ihm, zuerst das Wohl der Patienten. Sein Sohn, Dr. med. Max Brunner-Nadolny (1893 – 1960), war ein in Pfäffikon äusserst beliebter und prominenter Landarzt, welcher unzählige Funktionen im Gesundheitswesen zugunsten der ihm anvertrauten Bevölkerung erfüllte. Sein Umgang mit den Menschen war von grosser Empathie geprägt. Als Asylarzt (Arzt im Kreisspital Pfäffikon) förderte er die Entwicklung des Pfäffiker Spitals in erster Linie im Bereich der Geburtshilfe und der Chirurgie (Kreisspital Pfäffikon 1903 bis 1999). Im Dezember 1925 heiratete er Dr. med. Gertrud Brunner-Nadolny, (1892 – 1951) aus Basel. Sie absolvierte nach einiger Überzeugungsarbeit durch ihren Vater, einem nach Basel ausgewanderten Apotheker aus Ostpreussen, ein Medizinstudium und wurde schliesslich Ärztin. 1919 bestand sie mit Erfolg das Staatsexamen. Der Wechsel ins unbekannte Zürcher Oberland forderte ihre ganze Person, und sie erschuf sich schliesslich in ihrer Wahlheimat mit ihrem Charisma, ihrer angeborenen Liebe und Güte, eine grosse Wertschätzung ihrer Patienten in allen Lebensbereichen. Leider wurde sie bereits im Oktober 1951 nach tapfer ertragener Krankheit von dieser Welt abberufen. Neun Jahre später, 1960, verstarb, auch viel zu früh, ihr Mann Dr. Max Brunner, an den Folgen eines Treppensturzes.

Dr. Max Brunner pflegte neben der anspruchsvollen Berufsarbeit auch viele kulturelle Interessen. Die Verbundenheit mit dem Dorf zeigte er als Präsident der Antiquarischen Gesellschaft Pfäffikon und mit den Schenkungen und Gaben der Familie Brunner-Nadolny an die reformierte Kirche und das Ortsmuseum. So erhielt die reformierte Kirche für den Chor bei der Renovation von 1947 ein Farbfenster, das Museum ein einmaliges Schrankbuffet mit Intarsien und weitere Möbel, welche im Museum am Pfäffikersee die Dauerausstellung bereichern. Die Erinnerung an die Familie Brunner lebt bis heute weiter in diesen Schenkungen und in der Benennung ihres einstigen Wirkungsfeldes, dem Haus an der Hochstrasse, Dr. Brunner-Haus.

Dr. med. Max Brunner (1893 – 1960), um 1940
Dr. med. Max Brunner (1893 – 1960), um 1940. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Dr. med. Gertrud Brunner-Nadolny (1892 – 1951), um 1940
Dr. med. Gertrud Brunner-Nadolny (1892 – 1951), um 1940. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Eröffnung der Gemeindebibliothek im Dr. Brunner-Haus 1972
Eröffnung der Gemeindebibliothek im Dr. Brunner-Haus. Anwesend von links: Leiterin Regula Würgler, Anna Bosshard alias Güüch-Anni, Willi Mettler, Alice Keller, Edwin Priester, Trudi Schorn. Quelle: Gemeinde Pfäffikon
  • 28.12.1970: Beschluss der Gemeindeversammlung, im Dr. Brunner-Haus eine Bibliothek einzurichten. Anpassungen Räumlichkeiten, Zusammenlegung der Bibliothek des Schulkapitels und der Gemeindebibliothek, Leiterin: Regula Würgler-Zweifel
  • 29.09.1972: Eröffnung der Gemeindebibliothek im Dr. Brunner-Haus.
  • Die kompetente Führung durch Regula Würgler-Zweifel hievte die Gemeindebibliothek zum wahren Kulturzentrum Pfäffikons auf. Mit Leseveranstaltungen, Autorenabenden, Erzählstunden, hochstehenden Vortragsreihen u.a. verstand sie es, die Interessierten für den wahren Wert der Literatur zu begeistern.
  • 1995 wechselte die Gemeindebibliothek ihren Standort in den Platz 1. (siehe Objekt Nr. 7)

Chinderhuus «Zum alten Turm»

Das schöne herrschaftliche Haus «Zum alten Turm» mit einer Wohnung und einem einst florierenden Stoff- und Tuchladen von Paul Schellenberg an der einstigen Geschäftsstrasse, der Frohwiesstrasse, wurde 1890, zum Teil mit Steinen des alten Kirchturmes erbaut. Es musste 1997 der Verlängerung der Bahnhofstasse als neue Turmstrasse bis zum Tunnelkreisel und weiter zum Kehrplatz hinter Migros und Coop weichen. Die Kinderkrippe wurde 1973 vom Verein «Chinderhuus Pfäffikon» gegründet. Ihr erster Standort war die Liegenschaft «Zum Alten Turm», woher auch der Name der Krippe abgeleitet wurde. Nach dem Abbruch der Liegenschaft fand die Kinderkrippe Unterschlupf im Dr. Brunner-Haus an der Hochstrasse 32, welches der Gemeinde Pfäffikon gehört. Seither etabliert sich der Name Kinderkrippe für das einstige Dr. Brunner-Haus.

Haus zum Alten Turm Frohwiesstrasse Abbruch 1997
Das ehemalige Haus zum Alten Turm an der Frohwiesstrasse vor dem Abbruch 1997. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

Chinderhuus Lindenbaum

2015 wurde die Kinderkrippe von der Genossenschaft Lindenbaum, Ausbildung und Wohnen, übernommen und heisst nun «Chinderhuus Lindenbaum». Es ist ein selbstständiger Bereich der Genossenschaft und bietet den Eltern aus Pfäffikon sowie den umliegenden Gemeinden die Möglichkeit, ihr Kind fachlich kompetent ausserhalb der Familie betreuen zu lassen. Kinder aus weiteren Gemeinden werden aufgenommen, sofern die Platzanzahl dies erlaubt. Zur Betreuung der Kinder gehört ein grosser, wunderbarer parkähnlicher Garten abseits der Strasse. Die im «Lindenbaum» Auszubildenden können hier in der Krippe einen Teil ihrer Ausbildung absolvieren.

Kindertagesstätte Chinderhuus Lindenbaum Kinderkrippe
Im Garten der Kinderkrippe «Chinderhuus Lindenbaum». Quelle: Lindenbaum Pfäffikon

Quellen:

  • Tagblatt der Gemeinde Pfäffikon, Nachruf, 11. April 1960
  • Chronikstube, Archivmaterialien
  • Archiv Gemeindebibliothek, Chesselhuus
  • Erinnerungen von Alfred Mürset Architekt und Schwager von Dr. Max Brunner
  • Lebenslauf von Frau Dr. med. Brunner-Nadolny
  • Heimatbuch Band 2, 1983, div. Otto Meier
  • Erinnerungen von Regula Würgler-Zweifel, Leiterin Bibliothek


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