6 – Restaurant Brauerei

Restaurant Brauerei Ansichtskarte 50er Jahren.
Das Restaurant Brauerei auf einer Ansichtskarte, vermutlich aus den 40er Jahren. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

Das hier befindliche Restaurant trägt den Namen «Brauerei». Allerdings wurde nur während 15 Jahren hier Bier gebraut, nämlich 1863 – 1877. Das Gebäude wurde im 17. Jahrhundert als Bauernhaus erstellt. Es war bis 1671 Sitz der Landschreiberei des Vogtes von Kyburg. Der Restaurantbetrieb war ursprünglich nur im nordöstlichen Teil des Gebäudes. Der heutige Restaurantraum wurde 1934 im ehemaligen Pferdestall eingebaut.

ca. 17. JhErstellung als Bauernhaus
bis 1671Sitz der Landschreiberei des Vogtes von Kyburg
1818Marx Näf richtet in diesem Gebäude eine Färberei ein
1836Johannes Bachofen kauft das Gebäude
1838Das Gebäude bleibt vom Dorfbrand verschont
1863 – 1869Johannes Bachofen betreibt eine Bierbrauerei und Obstpresse in der Scheune
Er erstellt auch einen Bierkeller im Wald zwischen Pfäffikon und Hittnau
1870Jacob Anstätt übernimmt Gebäude und Brauerei
1877Jakob Bühler kauft das Gebäude ohne Brauerei
1934Einbau des heute noch bestehenden Restaurantraums mit der markanten Holztäferung im ehemaligen Pferdestall
2005Einbau einer Lounge bzw. Fumoir in der ehemaligen Stube
Kirchgemeindehaus Dorfkern Kirchenplatz Flugaufnahmen um 1940 Swissair
Das Restaurant Brauerei beim Kirchenplatz auf einer Flugaufnahmen um 1940. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

Das Restaurant Brauerei, im Volksmund «Braui», steht an der unteren Seestrasse und markiert die Nordostecke des Kirchenplatzes. Die Häusergruppe rund um die Kirche bildete über Jahrhunderte das wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentrum von Pfäffikon. Dank seiner Lage unterhalb Rappengasse wurde das Gebäude 1838 beim grossen Dorfbrand verschont.

Restaurant Brauerei Braui Ökonomiegebäude Pferdeställen, um 1900
Die «Braui» mit dem angebauten – noch nicht gemauerten – Ökonomiegebäude mit Pferdeställen, um 1900. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

Es ist unklar, wann das Gebäude des heutigen Restaurants Brauerei direkt an das heutige Kirchgemeindehaus angebaut wurde. Vom Baustil her dürfte es aber vor 1700 gewesen sein. Bis 1671 war dieses Gebäude Sitz der Kyburger Landschreiberei für einen Teil der Landvogtei Kyburg und damit das Verwaltungszentrum. Die Landschreiber besorgten für den Obervogt den gesamten Schriftverkehr. Ihre Aufgaben entsprachen ungefähr denjenigen des heutigen Notars. Der bis 1671 in diesem Gebäude amtende Landschreiber vernachlässigte seine Pflichten arg, weshalb der Landvogt von Kyburg die Landschreiberei näher zu seinem Schloss im Dorf Kyburg verlegte.

1818 richtete Marx Näf in diesem Gebäude eine Färberei ein. Seine Erben verkauften das Gebäude 1836 an Johannes Bachofen.

1838 schützte die Rappengasse das Pfarrhaus, das nordöstlich angebaute Bauernhaus (heute Restaurant Brauerei) und die südwestlich angebauten Häuser vor dem Dorfbrand. Johannes Bachofen begann 1863 in der Scheune Bier zu brauen und Obst zu pressen. Nach einem Konkurs übernahm 1870 Jacob Anstätt die Brauerei und betrieb diese bis 1877. Der Käufer des Gebäudes, Hans-Heinrich Bühler, gab das Bierbrauen auf und widmete sich nur noch der Wirtschaft und der Fuhrhalterei. Die Brauerei übernahm Martin Bertschinger im Oberwil. Die Familie Bühler war bis 1950 Eigentümerin dieses Gebäudes. Sie wirtete in diesem ganzen Zeitraum im Restaurant Brauerei. Es steht noch heute im Eigentum von Nachfahren dieser Familie.

Ca. 1934 wurde der Umbau des ursprünglichen Pferdestalls mit Boxen und Fuhrwerklager zum Restaurant vorgenommen. Der ganze Raum wurde mit einem Holztäfer versehen. In den Boxen wurden Bänke und Tische eingebaut. Die schöne Inneneinrichtung inklusive der ehemaligen Telefonkabine ist immer noch vorhanden.

2005 wurde in der ehemaligen Stube eine Lounge eingebaut.

Braui Restaurant Brauerei 20er Jahren Ökonomiegebäude Bogenfenster
Das Restaurant Brauerei in den 20er Jahren, neu ist das gemauerte Ökonomiegebäude mit den auffälligen Bogenfenstern. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Restaurant Brauerei Innenraum nach Umbau 30er Jahren Pferdeboxen
Der Innenraum mit den umgenutzten Pferdeboxen kurz nach dem Umbau in den 30er Jahren. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

Wirte und Wirtinnen in der Brauerei

  • 1870: Adolf Bosshard
  • 1871 – 1877: Jacob Anstätt
  • 1878 – 1922: Jakob Heinrich Bühler
  • 1925 – 1939: Beny Bühler
  • 1940 – 1950: Margrith Bühler
  • 1950 – 1970: Heinz Senger
  • 1970 – 2000: Hildegard Senger
  • 2000 – heute: Reto Bauert


«Braui»-Wirt Beny Bühler

Legendärer Wirt in der «Braui» war Beny Bühler (1895 – 1954). Nach der Schulzeit absolvierte er die Landwirtschaftliche Schule Strickhof. 1924 – nach dem Tod seiner Mutter – übernahm er die damals noch bescheidene Bauernwirtschaft, den dazugehörenden Landwirtschaftsbetrieb und von seinem verstorbenen Onkel die Fuhrhalterei. Im Grenzdienst 1914 – 1918 lernte er in Möhlin seine spätere Frau Gretli Hollenweger kennen. Sie stammte selber aus dem Gastgewerbe und betreute mit Beny und nach seinem Tode noch lange allein als geachtete, beliebte Wirtin ihre vielen treuen «Braui»-Gäste. Beny Bühler veranlasste den Umbau von Stall und Scheune zu einem Restaurant. Er war Aktuar der Zivilgemeinde und nebenamtlicher Gemeindeammann. Knapp dreissigjährig wurde er als Vertreter der Bauernpartei in den Kantonsrat gewählt. Nach der Vergrösserung der Gastwirtschaft widmete er sich nur noch der wachsenden Gästeschar. In der «Braui» fühlten sich damals die Dorfbewohner aus allen Ständen heimisch. Das Restaurant war ein beliebter Treffpunkt von allen Bevölkerungsschichten. Als frohgemuter, mit köstlichem, träfem Mutterwitz begabter Gesellschafter, hatte sich Beny Bühler mit der Ausstrahlung seiner Persönlichkeit und als mit Geschichten und Anekdötlein des Dorfes bestens vertrauter Erzähler, bald den unbestrittenen Ruf eines Dorforiginals erworben, eines geschätzten Dorfgenossen, der nach seinem Tod am 25. Januar 1954 in einem Nachruf wie folgt geschildert wurde: «Beny Bühler galt als charakterfeste Persönlichkeit, der man etwas anvertrauen und bei der man sich auch guten Rat holen konnte. Hinter seiner nach aussen etwas rauh erscheinenden Schale steckte ein warmes, mitfühlendes Herz, glomm echte vaterländische Gesinnung. Alles Unechte, Überhebliche und Scheinheilige war ihm fremd.»

Porträt von Beny Bühler
Porträt von Beny Bühler. Quelle: ChronikstubePfäffikon

Das Restaurant Brauerei bietet über Mittag verschiedene Menüs an. Abends steht eine kleine Karte mit marktfrischen, saisonalen Gerichten zur Auswahl. Die Karte wird viermal im Jahr gewechselt. Zu den Mahlzeiten können ausgewählte Weine aus Europa in 75 cl.-Flaschen, auch im Offenausschank genossen werden.

Restaurant Brauerei Braui Innenraum Pferdestall
Die Braui ist ein modernes Restaurant das seinen ganz besonderen Charakter bis heute behalten hat. Quelle: Thomas Dätwyler
Restaurant Brauerei Braui Lounge ursprüngliche Gaststube
Die 2005 eingerichtete Lounge in der ursprünglichen Gaststube. Quelle: Thomas Dätwyler

Bierbrauen in Pfäffikon im 19. Jahrhundert

Das Restaurant, welches sich in diesem Gebäude befindet, trägt zwar den Namen «Brauerei». Bier gebraut wurde aber dort nur während 15 Jahren im 19. Jahrhundert. 1863 richtete Johannes Bachofen in der Scheune und ehemaligen Färberei in diesem Gebäude eine Bierbrauerei und Obstpresse ein. Um das Bier auch im Sommer kühl aufbewahren zu können, suchte er nach einem geeigneten Keller. Die erste funktionierende Kältemaschine der Welt wurde zwar schon 1845 in Amerika erfunden. Erst in den 1870er-Jahren wurden dann aber Kältemaschinen wirtschaftlich; dies auch nur bei grösseren Brauereien. Bachofen fand dann Richtung Hittnau oberhalb Freienstein, in der «Länge» einen Nagelfluhhügel, der nach Norden steil abfällt. Dies schien der ideale Ort, um einen Bierkeller zu graben. Er liess durch Sprengen mit Schwarzpulver und viel Handarbeit einen Stollen mit Seitenarm graben. Der Hauptstollen war so gross, dass man mit Ross und Wagen hineinfahren konnte. Im Seitenstollen wurde Bier eingelagert. Im Hauptstollen lagerte Eis aus dem Pfäffikersee und nach dessen Erstellung 1892 aus dem Tobelweiher.

Auf dem Vorplatz des Bierkellers fanden jeweils im Sommer Tanzanlässe statt. 1869 ging Johannes Bachofen Konkurs. Die Liegenschaft an der Seestrasse mit der Brauerei wurde von Jacob Anstätt, Bierbrauer, übernommen. Er eröffnete an Neujahr 1870 die Bierbrauerei und eine Wein- und Speisewirtschaft.

Restaurant Brauerei Eröffnungsinserat Jacob Anstätt Bierbrauerei Wein- und Speisewirtschaft
Eröffnungsinserat in der Volkszeitung von Jacob Anstätt für die Bierbrauerei, Wein- und Speisewirtschaft. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

Im Mai 1869 organisierte Jacob Anstätt erstmals ein Fest mit Musik und Tanz beim Bierkeller in der «Längi», zwischen dem Freienstein und Hittnau. Diese Veranstaltung wurde in den folgenden Jahren immer wieder durchgeführt.

Inserat Volkszeitung Fest mit Musik und Tanz Bierkeller 1870
Inserat in der Volkszeitung für das erste Fest mit Musik und Tanz beim Bierkeller 1870. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

1876 bekam Jacob Anstätt finanzielle Probleme und musste den Konkurs anmelden. 1877 kaufte Hans Heinrich Bühler die Liegenschaft Brauerei, gab aber das Bierbrauen auf. Er widmete sich nur noch der Wirtschaft und der Fuhrhalterei.


Der Bierkeller

Der Bierkeller wurde weiter zum Einlagern von Eis für die Wirte und Metzgereien von Pfäffikon benutzt, später bauten die Gasthöfe und Metzgereien eigene Eiskeller, um den Transport des Eises zu umgehen. So wurde der Bierkeller seiner Funktion gänzlich enthoben.

Bierkeller Rekonstruktion Urzustand 1994
Versuch einer Rekonstruktion des Urzustands. Illustration von 1994. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Grundriss Bierkellers Aufnahme 1993
Grundriss des Bierkellers. Aufgenommen 1993. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Aufriss Bierkellers Aufnahme 1993
Aufriss des Bierkellers. Aufgenommen 1993. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Bierkeller Zustand Februar 2024
Der Zustand des stark erodierten, aber immer noch zugänglichen Bierkellers im Februar 2024. Quelle: Thomas Dätwyler

Bis 1918 wurde weiter Eis gesägt, zur Hauptsache im Tobelweiher aber auch im Pfäffikersee. Das Eis wurde direkt zu den Verbrauchern transportiert. Zum Teil mit der Bahn bis nach Winterthur.

Für die Männer aus Pfäffikon und Umgebung ist dies nebst der Waldarbeit ein willkommener Nebenverdienst. Nach dem ersten Weltkrieg wird dann überall das benötigte Eis in den Brauereien künstlich hergestellt. Der Bierkeller wird nicht mehr gebraucht.

Eisernte Januar 1907 Pfäffikersee Verladerampe E. Moser
Eisernte am Pfäffikersee im Januar 1907. Verladerampe am Seequai. Fotografie von E. Moser. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Eisernte Januar 1907 Pfäffikersee Verlad Pferdeschlitten E. Moser
Verlad der Eisblöcke auf den Pferdeschlitten. Januar 1907. Fotografie von E. Moser. Quelle: Chronikstube Pfäffikon
Eisernte Januar 1907 Pfäffikersee Verlad Bahn E. Moser
Verlad der Eisblöcke auf die Bahn. Januar 1907. Fotografie von E. Moser. Quelle: Chronikstube Pfäffikon

Brauverein Pfäffikon

Seit 2004 braut ein Verein in der Freizeit in der bestehenden Küche des GOPS (Geschützte Operationsstelle) an der Hörnlistrasse Bier. Mittlerweile ist der Brauverein als Kleinstbrauerei in Bern registriert. Er importiert Rohstoffe direkt vom Produzenten und braut verschiedene saisongerechte Biere. Um eine gleich bleibend hohe Bierqualität garantieren zu können, arbeitet er streng nach den Richtlinien des deutschen Reinheitsgebotes. Der Brauverein verwendet nur beste Rohstoffe. Er verarbeitet diese in ausgewogener Handarbeit. Durch die Flaschengärung nach uralten Verfahren wird die Kohlensäure natürlich gebildet und stellt somit eine echte Rarität dar. Als Hobbybrauerei braut der Brauverein durchschnittlich etwa einen Sud pro Monat, was einem Jahresausstoss von ca. 3000 Liter entspricht.


Sudwerk AG

Seit 2011 braut die Sudwerk AG an der Speckstrasse 3 für einen kleinen Markt spezielle Biere. Sie mixt bewusst das «Alte» mit dem «Neuen».

Quellen:

  • Antiquarische Gesellschaft Pfäffikon (Hrsg.): Essen und Trinken in Pfäffikon – Pfäffiker Wirtschaften, Jahresschrift 5/2014, S. 18.
  • bpd. (= Eingesandt der Reformierten Kirchenpflege): «Weder Holz noch Strauw noch Mist gefunden», im Zürcher Oberländer, 28.02.2002, S. 16


Links: