Am prominentesten – und im Moment auch lautesten – Platz im Dorf, im Zentrum beim Dorfbrunnen, an der Ecke Kempttal-/Frohwiesstrasse stehen sie: seit dem 16. Jahrhundert das Wohnhaus, einst mit Badstube, später Postgebäude, und das denkmalgeschützte Gasthaus, heute «Zur Alten Post», seit dem 18. Jahrhundert. In den oberen Stockwerken befinden sich Wohnungen. Der Hauskomplex und die umliegenden Gebäude verleihen dem Dorfplatz mit dem Dorfbrunnen eine prägende Bedeutung und drücken damit äusserlich eine konstante Identifikation seit Generationen für die Pfäffiker Bevölkerung aus. Die beiden Häuser bilden das Zentrum und den Abschluss des Blickfeldes durch die Seestrasse von der Reformierten Kirche aus. Mit dem Aufkommen postalischer Dienste zu Beginn des 19. Jahrhunderts und der Bedeutung Pfäffikons als Marktflecken passte diese zentrale Lage ideal. Ursprünglich war eine Wirtschaft im späteren Postgebäude.
Chronologische Übersicht
1595 | Erteilung des Tavernenrechts |
1595 – 1793 | Taverne «Zum gelben Löwen», Wirtschaft im späteren Postgebäude |
1628 | Erste Badstube im Haus des gelben Löwen |
1761 | Vom Steinmetz eingearbeitete Jahreszahl über dem abgebrochenen Türsturz |
1793 – 1801 | Keine Wirtschaft |
1818 – 1845 | Hansueli Schellenberg, Wirt und ab 1836 Posthalter und erster Briefträger |
1836 | Erste Poststelle in Pfäffikon (Diligence-Kurs) |
1846 | Jacob Strehler, Bezirksrichter, Posthalter, Wirt |
1855 | Der «Leuen», also «Zum gelben Löwen», wird wieder eine Taverne |
1861 | Jacob Bachofen übernimmt, ist Posthalter und Wirt |
1870 | Neuer Name «Gasthaus zur Post» |
1892 | Jean Fridöri wird neuer Eigentümer |
1917 | Das Gasthaus «Zur Post» geht an Jakob Riethmann |
1923 | Neuer Name «Gasthaus Zur Alten Post» |
1942 | Neuer Eigentümer ist Charles Maier, Coiffeur und Bartstutzer Kunstmaler August Schmid schafft ein romantisches Fresko am Gasthaus |
1972 | Roger Maier erbt die Liegenschaft mit Coiffeursalon |
1980 | Exponierte Hausecke wird frei gemacht für Fussgängersicherheit |
1994 | Ruth Maier übernimmt nach dem Tod ihres Gatten |
2006 | Neuer Eigentümer wird Verdi Dilaveri (komplette Renovationen incl. Keller) |
2009 – 2019 | Vorübergehende Namensänderung «Posta Vecchia» |
2010 | Gartenwirtschaft für ca. 50 Leute, abseits der Hauptstrasse, beim Frohwiesplatz |
2019 | Zurück zum alten Namen «Zur Alten Post»; Wirt: Dilaveri junior |
Gebäudestandort
Zentral! Das Gasthaus «Zur alten Post» bildet zusammen mit dem Wohnhaus, in welchem im Parterre an der Ecke ein Studio eingerichtet ist, dem Gemeindehaus, dem Restaurant Krone, dem Buchladen und dem «Grünen Hof», dem Dorfbrunnen und der Seestrasse den eindrücklichen Dorfplatz Pfäffikons. Dieser ist ein architektonisches Denkmal kleinstädtischer Prägung. Hier im Dorfzentrum, an der Kreuzung der Hauptachse (Kempttalstrasse/Hochstrasse) und der Querachse (Seestrasse/Frohwiesstrasse), am Dorfplatz, fand über Jahrhunderte das Dorfleben statt. Die genannten Strassen waren die eigentlichen Geschäftsstrassen Pfäffikons. Einheimische und auch Kundschaft aus den umliegenden Gemeinden nutzten die Geschäfte und belebten das Dorf. Hier war der zentrale Treffpunkt für die Menschen, man traf sich bei der Besorgung täglich benötigter Waren, beim Einkaufen, zum Schwatz, zum Einkehren, beim Erledigen von Geschäften aller Art. Im Wohnhaus neben der «Alten Post» an der Strassenecke existierte im 20. Jahrhundert über Jahrzehnte das weit herum bekannte Coiffeurgeschäft der Familie Maier. Dank der seit 2016 verkehrsberuhigten Begegnungszone, der Seestrasse, bietet sich hier dem Betrachter beim Dorfbrunnen rundum ein uneingeschränkter Anblick des historischen Zentrums, welches sich rein äusserlich in den letzten beiden Jahrhunderten kaum verändert hat. Leider ist noch immer die verkehrsreiche Hauptdurchgangsstrasse ein Hindernis zum Queren der Strasse, aber die fussgängerfreundliche Signalisation lässt die Gebäude auf der mit einem schmalen Trottoir versehenen gegenüberliegenden Strassenseite bequem erreichen. Die Gesamtliegenschaft hat die Adressen Kempttalstrasse 2, 4 und Frohwiesstrasse 1. Sie gehören einem Eigentümer. «Hinter» dem Haus, da wo sich heute eine vom Verkehr abgewandte Gartenwirtschaft präsentiert, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut, standen in früheren Zeiten zusätzliche Bauten und ein Bauernbetrieb.
Die Geschichte des Hauses
Das alte «Post»-Gebäude geht in seinem Ursprung zurück auf das Ende des 16. Jh., es war mit Unterbrüchen immer auch eine Wirtschaft. 1595 hiess sie «Zum gelben Löwen». Sie erhielt von der Obrigkeit das Tavernenrecht zusammen mit der «Krone» und dem «Hecht». 1807 entstand in Bussenhausen der «Leuen», welcher 1872 gebrandschatzt und danach wiederaufgebaut wurde. Er existierte bis 1891. Der Name «Zum gelben Löwen» am Dorfplatz blieb noch bis 1870, dann wechselte er zu «Gasthaus zur Post», ab 1923 «Gasthaus zur alten Post». Seit 2009 hiess das Restaurant für kurze Zeit «Vecchia Posta», aber ab 2019 wieder «Zur Alten Post» oder wie es im Volksmund heisst, zum «Pöschtli». Das alt-ehrwürdige Gebäude wurde immer dem Lauf und den Ansprüchen der Zeit angepasst und ist im Innern heute modern, aussen bleibt es geschützt im Rahmen des Ortsbildschutzes. Im Parterre des Wohnhauses wirkte Jahrzehntelang die Coiffeurdynastie der Familie Maier. Erwähnenswert ist eine Anpassung im Salon von Intercoiffure von Roger Maier: für die Fussgängersicherheit musste eine Ecke des Hauses zur Verfügung gestellt werden. Alle Wirte im 19. und 20. Jahrhundert bis hin zur Familie Riethmann genossen in der Bevölkerung ein hohes Ansehen. Sie waren auch die Eigentümer und leisteten einen wesentlichen Beitrag zum kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben im Dorf.
Für Pfäffikon stiehlt die Post-Geschichte der Gasthausgeschichte etwas die Schau. Um 1800 wurde die erste staatliche Postverbindung eingerichtet. Pfäffikon erhielt einen eigenen Boten, welcher jeden Dienstag und Freitag den Weg nach Zürich und zurück ablief. In dunkler Nacht ging dieser von Pfäffikon weg. Auf dem Rücken trug er sein Räf (hölzerne Rückentrage) und darüber ein Licht. 1836 wurde ein Diligence-Pferdepostkurs eingerichtet, welcher zweimal pro Woche von Zürich aus mit dreispännigem Wagen und Kondukteurbegleitung das Oberland bediente. Gleichzeitig wurde im «Gelben Löwen» das erste bescheidene Postlokal Pfäffikons eingerichtet. Bezirksrichter und Löwen-Wirt Jakob Strehler war von 1845–1861 der erste Posthalter. 1864 wurde Heinrich Diggelmann erster eigentlicher Briefträger. Er stellte zweimal täglich in Pfäffikon, Irgenhausen, Bussenhausen und Oberwil die «Post» zu und einmal pro Tag in den Aussenwachten Hermatswil bis Faichrüti. Bis 1920 wurde die «Post» auch am Sonntag zugestellt. Ein halbes Jahrhundert lang, von 1861 bis 1912, betreute hier die Familie Bachofen das Postbüro und die Wirtschaft. Sie kannte wohl wie kaum eine andere Familie die Verhältnisse ihrer Pfäffiker Pappenheimer. Grosse Raumnot erforderte schliesslich ein neues Postgebäude. Ein solches wurde an der Hochstrasse 1912 erstellt.
Dennoch gibt es eine Geschichte zu erzählen, bei der die Kombination Gasthaus/Post gespielt hat. Zitat aus der Volkszeitung vom 6. August 1949:
«Ja, diese Alte Post war eine famose Einrichtung: wenn sich einer unbemerkt ein Dreierli genehmigen wollte, brauchte er nur ein Kuvert in die Hand zu nehmen, tun als ob er einen dringenden Brief zur Post bringen müsse, durch die offizielle Posteingangstüre zu verschwinden, um dann nach Passieren des Ganges durch die patente Verbindungstüre nach dem heimeligen Wirtsstübli – «oho, schwarzbraunes Mädel!» – zu gelangen. Wenn er dann nach einiger Zeit – notabene ohne Kuvert, das er unterdessen in die Tasche gesteckt hatte – wieder zum Postausgang heraustrat, hatte niemand eine Ahnung, dass er statt eines Plausches mit dem originellen Posthalter nebenan den süffigen Tiroler hochleben liess …»
Die Bedeutung des Gasthauses heute
Seit 2006 gehören das Gasthaus «Zur alten Post» und das Wohngebäude, ehemaliges Postgebäude, der Familie Dilaveri. In den Jahren 2006 bis 2009 wurde die Wirtschaft komplett modernisiert mit einer neuen Küche und einem neuen Intérieur. Beim Umbau wurden auch die Keller der Gebäude optimiert. Als Intermezzo ist zu werten, dass das Lokal von 2009 – 2019 «Vecchia Posta» hiess, was wohl einen Zusammenhang mit dem damaligen italienisch-gebürtigen Pächter hatte. Das heutige Restaurant, wieder mit dem Namen «Zur alten Post», mit einem grossen Aussenplatz als Gartenwirtschaft eingerichtet auf der Rückseite, abseits der Hauptstrasse, bietet den Gästen einen tollen Service und feine Speisen.
Ergänzende Themen
Die Taverne «Zum Gelben Löwen»
Ende des 16. Jahrhunderts gab es in Pfäffikon drei Tavernen: Den «Hecht», die «Krone» (heute Kam You) und der «gelbe Löwen» (heute Alte Post). Ursprünglich erteilten Grund- bzw. Gerichtsherren das Tavernenrecht, vom 16.-17. Jahrhundert an immer häufiger die Städte- und Länderorte in ihren Territorien. Für ein Tavernenrecht zahlten Wirte eine einmalige Gebühr und einen jährlichen Zins. Dieser betrug bis 1809 einen Gulden. Zur Führung von Gasthäusern waren sie der Obrigkeit mit Eid verpflichtet. Der obrigkeitlichen Regelung und Aufsicht unterstanden die Qualität und Menge des Angebots, die Preistarife, die Öffnungszeiten und das Ungeld, eine Verbrauchs- und Umsatzsteuer. Der Wirt war bei rechtswidrigem Verhalten seiner Gäste zur Anzeige verpflichtet. Bei Übertretungen wurde auch der Wirt belangt, der damit im Spannungsfeld zwischen Gast, Aufsichtsfunktion und eigenen wirtschaftlichen Interessen stand. Die Tavernengerechtigkeit durfte nach Belieben genutzt oder auch verkauft werden. Oft wanderte sie von einer Wirtschaft zur nächsten. Der Wirt einer Taverne hatte das Recht, warme Speisen abzugeben und Fremde zu beherbergen, im Gegensatz zu «Weinschenken», welche nur Getränke, Käse und Brot anbieten durften. Dem Kanton war es ein Anliegen, dass nicht beliebig viele Winkelwirtschaften betrieben werden konnten, weil das den Charakter der Menschen verderben würde. 1865 wurde das «Täferegesetz» (Tavernenrecht) durch die Gewerbesteuer ersetzt. 1874 wurde die Handels- und Gewerbefreiheit verfassungsmässig verankert. Im Kanton Zürich braucht es heutzutage für den Betrieb einer Wirtschaft kein Wirtepatent mehr, dafür aber ein Gastwirtschaftspatent. Nach diversen Wechseln der Tavernengerechtigkeit kam am 8. November 1855 das Tavernenrecht, welches zu jener Zeit zum Löwen in Wagenburg gehörte, für Fr. 950.- wieder an das Gasthaus «Zum gelben Löwen», welches damals Bezirksrichter und Posthalter Strehler gehörte. Mit den Anfängen der offiziellen Post änderte ab 1870 auch der Name von «Zum gelben Löwen» zu «Gasthaus zur Post» und nachdem die Post 1912 an die Hochstrasse verlegt wurde hiess die Wirtschaft ab 1923 «Zur alten Post», im Volksmund bis heute schlicht «Pöschtli».
Die Post
Die Pfäffiker Post wechselte im 20. Jahrhundert viermal den Standort. Zuerst war das Postbüro am Strassenkreuz im Dorfkern beim Dorfbrunnen eingerichtet (noch heute nennt sich deshalb das dortige Restaurant «Zur alten Post». Dort befanden sich auch die handbetriebene Telefonzentrale und weitere Räume für die Post. Die Platzverhältnisse genügten aber bald nicht mehr. Ein Projekt an der Ecke Bankstrasse/Bahnhofstrasse, wo heute das Bankgebäude der Sparkasse (heute «Bank Avera») steht, zerschlug sich. Baumeister Konrad Stahel erstellte in der Folge an der Hochstrasse 20 ein neues Wohn- und Geschäftshaus, in welchem 1912 die neue Post eröffnet werden konnte. Im Erdgeschoss befanden sich Schalterhalle, Büros und die Briefsortierung. Im ersten Stock war die immer noch handgeschaltete Telefonzentrale untergebracht. Dieses Gebäude war mit seinen fünf Geschossen lange das höchste Gebäude Pfäffikons.
Auch die Aussenwachten erhielten ihre Ablagen und Postbüros. Der für das betreffende Gebiet zuständige Briefbote öffnete für wenige Stunden sein Büro und trug anschliessend die Post aus. Die Postbüros in den Aussenwachten wurden dann sukzessive wieder geschlossen (beispielsweise Auslikon 1996). Bis 1920 wurde die Post auch sonntags zugestellt. Werktags erhielten die Pfäffiker am Morgen und am Nachmittag die Post. Samstags erfolgte nur eine Zustellung. Die zweimalige Zustellung wurde in den frühen 70er-Jahren aufgegeben. 1941 wurde eine neue Schalterhalle eingerichtet. Im Zweiten Weltkrieg musste die Post Pfäffikon verschiedene Interniertenlager mit Post bedienen. Gegen Ende der 50er-Jahre wurden die Platzverhältnisse in der Post an der Hochstrasse und insbesondere die Zufahrt und Parkiermöglichkeit vor Ort immer prekärer. Es arbeiteten zeitweise bis zu fünfzehn Personen in diesen Räumlichkeiten. Die Schalterhalle war zu Stosszeiten völlig überfüllt. Nach verschiedenen Abklärungen zog die Post 1965 dorfauswärts an die Hochstrasse 59 in eine Baracke.
Das Holzgebäude war aber nicht behindertengerecht eingerichtet und die Anlieferung über einen Zugangsweg über die Hittnauerstrasse beim Bahnübergang war kompliziert und heikel. 1982 konnte die Post wieder ins Dorfzentrum zurückwechseln. Zusammen mit der Sparkasse (heute «Bank Avera») erhielt sie moderne Räumlichkeiten an der Bahnhof-/Gerichtshausstrasse in einer Geschäftshausüberbauung. Seit 1988 konnte man bei einem Automaten, Postomat genannt, Geld abheben. Eine umfassende Renovation erfuhren die Posträumlichkeiten dann 2017. Der Eingang zur Schalteranlage wurde von der Bahnhofstrasse an die Gerichtshausstrasse verlegt. Seit November 2019 steht den Kunden der Post der Dienst «My Post 24» zur Verfügung. Pakete und eingeschriebene Briefe können rund um die Uhr versandt oder abgeholt werden. Zusätzlich lassen sich die Fächer der Automaten als Schliessfächer nutzen. Lange wurden die Briefe und Pakete im jeweiligen Postlokal sortiert. Seit 2010 erfolgt die Zustellung der Pakete vom regionalen Verteilzentrum in Hinwil aus. 2013 wurde die regionale Briefverteilung in ein Gebäude im «Witzberg» verlegt.
Quellen und Links
Quellen:
- Dokumente zusammengetragen von Emil Gross, Chronikstube
- Diverse Zeitungsartikel aus dem Wochenblatt
- kantonales Wirteverzeichnis 19. und 20. Jahrhundert
- Interview mit Verdi Dilaveri
Links:
- Website des Gasthauses «Zur alten Post», Pfäffikon ZH:
https://zuraltenpost.org - Historisches Lexikon der Schweiz – Stichwort «Gasthäuser»:
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/016323/2006-11-20/